Eine Hose, die dir sagt, wie viele Schritte du heute zurückgelegt hast oder ein Pullover, mit dessen Ärmel du direkt jemanden anrufen kannst. So oder so ähnlich stellen sich manche die Verbindung von Kleidung und Technologie vor. Doch die Forschung geht in eine andere Richtung.
Anwendung in der Medizin
Was kann man sich unter smarten Textilien überhaupt vorstellen? Die Kunstuni Linz sucht in Zusammenarbeit mit dem von der EU geförderten Projekts Re-FREAM Projekte, die eine sinnvolle Verbindung von Kleidung und Technologie herstellen. Unter den geförderten KünstlerInnen befindet sich auch die italienische Designerin Giulia Tomasello. Sie entwickelt Unterwäsche für Frauen, die Infektionen frühzeitig erkennen soll.
Ein anderes Projekt geht ebenfalls in Richtung körperliches Wohlbefinden: Jessica Smarsch hat Kleidung entwickelt, die Menschen, die einen Schlaganfall erlitten haben, hilft, Bewegung wieder zu erlernen. Ihr „Connexstyle“-Oberteil registriert verschiedene Arten von Bewegung und stellt diese mithilfe einer App visuell dar. Durch regelmäßiges Üben mit dem Kleidungsstück sollen Betroffene die Kontrolle über ihren Körper zurückerlangen.
Wer soll das tragen?
Im Rahmen des Projekts TextileUX, für das die Kunstuni Linz, die Uni Linz und die FH Hagenberg zusammenarbeiten, wird nach Möglichkeiten gesucht, Elektronik direkt ins Gewebe zu bringen. Fraglich ist, ob solche Ideen schließlich von KonsumentInnen angenommen werden. Man erinnere sich an die smarte Brille „Google Glass“, die nicht richtig abheben wollte. Auch Smart Watches sind noch lange nicht an jedem Handgelenk zu finden.
„Über Wearables lesen wir viel in den Medien, aber in der Realität werden sie im täglichen Leben nicht oft getragen”, bestätigt Christiane Luible-Bär, Professorin an der Kunstuni Linz in der Abteilung Fashion & Technology . „Wir haben keine Schwierigkeiten, Smartphones in die Hosentasche zu stecken, aber Kleidung mit integrierter Elektronik am Körper zu tragen, ist noch ungewohnt.“
Wohin die Reise geht
„Existierende Beispiele von Mode bzw. Bekleidung mit integrierter Elektronik werden von TrägerInnnen oft nicht angenommen“, sagt Luible-Bär. Die Kunstprofessorin ist auch an Re-FREAM beteiligt. Der Trend gehe vor allem in Richtung „well-being“, wie die oben genannten Beispiele zeigen. „Es fehlt noch an überzeigenden Beispielen außerhalb der Medizin und dem Sportbereich“, bedauert die Kunstprofessorin.
Die größten Veränderungen werden wohl in der Produktion von Kleidung passieren. 3D-Druck wird vorerst allerdings keine Alternative zur herkömmlichen Produktion sein, meint Luible-Bär. Das Verfahren sei zu teuer und die Produkte nicht recycelbar. Derzeit verwenden KünstlerInnen 3D-Druck vor allem, um tragbare Kunst herzustellen, wie die Designerin Ganit Goldstein (s. Foto oben).
Derzeit wird Kleidung als Massenware hauptsächlich in Billiglohnländern produziert. In Zukunft würden Textil-Fabriken – im Kleinformat – immer mehr in die Zielländer der Exporte versetzt, so Luible-Bär. “Die sogenannten Micro-factories werden die Herstellung der Mode in Zukunft stark verändern.” In diesen sollen Kleidungsstücke, an die individuellen Bedürfnisse von einzelnen KundInnen angepasst, produziert werden. Das schließt die Einarbeitung von Technologie in die Mode zwar nicht aus, verspricht sie aber auch nicht.
Titelbild: Michael Tsur, printed by STRATASYS, designed by Ganit Goldstein.