Um den freien Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gewährleisten, unterstützen in Europa die Politik, Förderinstitutionen und alle bedeutenden Forschungseinrichtungen die Publikationspraxis des Open Access: Jede Person soll die Möglichkeit haben, einen wissenschaftlichen Artikel im Internet entgeltfrei zu lesen und zu nutzen.
„Forschung wird zu einem Großteil durch öffentliche Gelder finanziert und muss sich in den Dienst der Gesellschaft stellen. Unser Auftrag ist es, die Ergebnisse in qualitätsgesicherten Publikationen gut zugänglich zu machen“, unterstreicht Peter Scherrer, Vizerektor für Forschung und Nachwuchsförderung der Universität Graz.
Die Praxis des Open Access macht es allerdings auch BetrügerInnen leicht. „Das Problem von Fake Journals beziehungsweise Predatory Publishing– deutsch: Raubverlage – hat international riesige Dimensionen und viele verschiedene Formen angenommen“, weiß Karin Lackner aus der Universitätsbibliothek (UB) Graz.
Ein Beispiel seien sogenannte Hijacked Journals, Fälschungen renommierter Zeitschriften, die kaum vom Original zu unterscheiden sind. Sie alle versprechen gegen Entgelt Leistungen, die sie nicht erbringen, wie etwa ein Peer Review- sprich wissenschaftliches Begutachtungsverfahren. Der Publikationsdruck, unter dem WissenschafterInnen stehen, macht es Raubverlagen leicht. Eine Studie aus dem Jahr 2015 identifizierte mehr als jede fünfte Open-Access- Fachzeitschrift als Predatory Journal.
Bewusstsein für Fake Journals schaffen
Betroffen sind vor allem die Bereiche Naturwissenschaften und Medizin. Karin Lackner und ihre Kollegin Clara Ginther sind an der Universität Graz die Expertinnen zu diesem Thema.
Sie warnen vor den weitreichenden negativen Folgen des Publizierens in unseriösen Journalen. „Die AutorInnen schaden ihrem Ruf als WissenschafterIn, und ihre Publikationen sind häufig nicht auffindbar oder gehen gänzlich verloren, wenn die Journale wieder verschwinden.“ Nicht zuletzt leidet auch das Ansehen der Universität, denn im internationalen Wettbewerb ist die Sichtbarkeit von Forschung ein wesentliches Kriterium, etwa für Rankings.
„Deshalb müssen wir ein Bewusstsein für das vielschichtige Problem schaffen und umfassend informieren“, begründet Vizerektor Scherrer die Aufklärungskampagne, die von der UB in Kooperation mit weiteren Abteilungen der Universität Graz durchgeführt wurde. Ein Überblick über die Erscheinungsformen, Tricks und Risiken wurde online zur Verfügung gestellt. In Workshops erhalten WissenschafterInnen zusätzlich Informationen.
Nebenher bearbeitet Karin Lackner laufend Anfragen zur Seriosität diverser Journale. Hilfen zur Unterscheidung zwischen „Gut und Böse“ bieten auch online zugängliche Tools. „Dank unserer Nachforschungen können wir Hinweise auf betrügerische Praktiken an Verlage weitergeben, die dann die Möglichkeit haben, rechtlich dagegen vorzugehen“, unterstreicht Ginther die Bedeutung der Maßnahmen.
Mit ihrer Initiative leistet die Universität Graz auch auf nationaler und internationaler Ebene wertvolle Pionierarbeit. So werden Lackner und Ginther zum Beispiel bei der International Conference on Economics and Business Information INCONECSS 2019 in Berlin als eingeladene Referentinnen über Predatory Publishing und die Aktivitäten an der Universität Graz berichten. Um den freien Zugang zu qualitätsgesicherten Publikationen weiter zu fördern, hat die UB Graz Open-Access- Abkommen mit Verlagen geschlossen. Diese ermöglichen es ForscherInnen, in renommierten kostenpflichtigen Zeitschriften in der Regel ohne zusätzliches Entgelt Open Access zu publizieren
Autorin: Gudrun Pichler.
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