Die Uni Wien hat einen der weltweit größten Forschungsschwerpunkte in der Byzantinistik. Dominik Heher ist Projektmitarbeiter beim Institut für Byzantinistik. Er hat Schrödingers Katze erklärt, woher das viele Wissen über das untergegangene Reich kommt und warum so viel davon fehlt.
Bürokratismus und Alphabetisierung
Viel Wissen, dass wir heute über das byzantinische Reich haben, stammt aus alten Schriften. In Byzanz gab es einen vergleichsweise hohen Grad an Alphabetisierung, viele Byzantiner schrieben über sich selbst und ihr Leben. Im Gegensatz zum restlichen Europa des Frühmittelalters sind aus Byzanz viele Dokumente erhalten geblieben.
„Dadurch kriegt man natürlich nur eine Seite mit, nämlich die eigene”, wägt Dominik Heher von der Uni Wien ab. „Ein neutralerer Standpunkt wäre herauszulesen aus den zigtausend Archivarien und Dokumenten, die es gegeben haben muss.” Das byzantinische Reich war nämlich hochgradig bürokratisch, wodurch viel Information schriftlich festgehalten wurde.
Briefe und Schulbücher aus Papyrus
Leider gingen viele dieser Dokumente und Archivstücke verloren, als die Osmanen 1453 Konstantinopel eroberten und alle Schriften, die nicht mehr gebraucht werden konnten, abhanden kamen. Einige Schriftstücke sind aber dennoch in Klöstern erhalten geblieben.
Eine andere wichtige Quelle für unser Wissen über Byzanz ist die Archäologie. Die Schriften sind nämlich von der Forschung weitgehend abgegrast, doch Papyri werden immer wieder neue zu Tage gefördert. „Da kommt in den nächsten Jahrzehnten noch einiges auf die Forschung zu”, meint Heher.
Die Papyri sind höchstpersönlich: Sie stammen von Rechnungen, Briefen oder auch Schulbüchern. „Das führt dazu, dass wir ein immer genaueres Bild bekommen, und unsere Bilder, die wir aus den Textquellen haben, auch immer revidieren müssen”, so Heher.
Byzantinistik in Wien
Vom 17. Juni bis zum 7. Oktober gibt eine Ausstellung auf der Schallaburg Einblick in unser Wissen über das byzantinische Reich. Zum Beispiel darüber, dass die Byzantiner sich selbst nicht so nannten. Stattdessen nannten sie sich „Römer”, denn sie lebten auch im oströmischen Reich, das sich im Jahr 395 vom römischen Reich abspaltete.
Dominik Heher hat die Ausstellung mitkonzipiert, er ist Projektmitarbeiter beim Institut für Byzantinistik der Uni Wien. „Mit dem Institut für Byzantinistik und Neogräzistik der Universität Wien sowie mit der Abteilung Byzanzforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist Wien eines der weltweit renommiertesten Forschungszentren für Byzantinistik.”
Kunst und Fetzen
Für die Ausstellung wird nicht allein die Kunst des byzantinischen Reichs gezeigt, sondern es wird auch auf andere Art und Weise Einblick in den Alltag der Bazinter gewährt. Deshalb stehen dort vergoldete Kunstwerke neben vergleichsweise unscheinbaren Papyri-Stücken.
„In der Ausstellung war es uns ein Anliegen, im Gegensatz zu kunsthistorischen Ausstellungen, alle diese Quellengattungen als gleich zu betrachten”, erklärt Heher. Dadurch ergibt sich ein breites Bild des Lebens der Byzantiner.
Beispielsweise waren sie bekannt dafür, nur in den Krieg zu ziehen, wenn es sich wirklich nicht vermeiden ließ. Lieber leisteten sie Abfindungszahlungen. „Man erkennt ein sehr modernes Denken in diesen Handlungen”, sagt Heher. „Es ist wirklich interessant zu sehen, wie sie auf Staatsebene mit Konflikten umgegangen sind. Sie haben selten wirklich den Krieg gesucht. Daraus kann man durchaus heute noch lernen.”
Die Ausstellung „Byzanz und der Westen“ findet von 17.6. bis zum 7.10. 2018 auf der Schallaburg statt. Forscher der Uni Wien halten dort immer sonntags Vorträge über das byzantinische Reich.