Nikola Tesla gilt als einer der wichtigsten Erfinder des frühen 20. Jahrhunderts. Ohne seine Ideen und Erfindungen sind ganz alltägliche Dinge wie Elektromotoren, Wechselstrom und Handy nicht vorstellbar. Studiert hat der findige Elektro-Ingenieur zwischen 1875 und 1878 an der „k.k. Technischen Hochschule“ in Graz, der heutigen Technischen Universität.
Diese widmete ihm ihr international einzigartiges Hochspannungslabor, in dem es zwar selten donnert, aber häufig genug blitzt. Der Herr der Blitze heißt dort aber nicht Zeus, sondern Rudolf Woschitz. Der Professor vom Institut für Hochspannungstechnik und Systemmanagement hat uns erklärt, was es mit Blitzen auf sich hat und was im Nikola-Tesla-Labor passiert.
Was ist eigentlich ein Blitz?
Kurz gesagt: Elektrizität. Seine Entstehung hängt mit Gewitteraktivität und der Wolkenbildung zusammen. In der Wolke zieht die Schwerkraft die schweren Regentropfen, Hagelkörner und millimetergroße Graupel an den schwebenden kleinen Wassertröpfchen und Eiskristallen vorbei nach unten. Durch das Zusammenstoßen der Teilchen entstehen negative und positive Ladungen, die aber weit voneinander entfernt werden.
Das führt zu großen Potentialunterschieden. Überschreiten diese die Festigkeit der Luft, werden die elektrischen Ladungen durch Blitze Richtung Erde hin abgeführt. Es gibt aber auch Blitze, die innerhalb einer Wolke oder zwischen Wolken stattfinden. Der Blitz kann aber auch von der Erde zur Wolke gerichtet sein. Das hängt immer von den konkreten atmosphärischen und geographischen Gegebenheiten ab.
Wie hat man erkannt, dass es sich dabei um Elektrizität handelt?
Sie kennen sicher Benjamin Franklins Versuch mit dem Drachen: Franklin hat eine Metallspitze an einem Drachen befestigt und diesen bei Gewitter steigen lassen. Dabei ist tatsächlich Elektrizität aus der Wolke auf den Drachen übergesprungen. Über die nasse Schnur ist diese zu ihm nach unten gewandert. An der Schnur hing ein Eisenschlüssel, dieser begann Funken zu sprühen. Damit war der Beweis erbracht, dass es sich bei Blitzen um Elektrizität und nicht etwa den Zorn Gottes handelt.
Franklin hat auch erkannt, dass Metallspitzen Blitze anziehen können, was den Grundstein zur Entwicklung des Blitzableiters legte. Bei diesem Versucht hatte er übrigens enormes Glück: Wäre ein richtiger Blitz in den Drachen eingeschlagen, wäre er sicher tot gewesen.
Wie wahrscheinlich ist es, vom Blitz getroffen zu werden?
Ungefähr vergleichbar damit, mit einem einmaligen Tipp im Lotto zu gewinnen – Es ist sehr unwahrscheinlich. Dennoch gibt es jedes Jahr Opfer zu beklagen, die vom Blitz getroffen oder sogar getötet werden.
„Buchen sollst du suchen, vor Eichen sollst du weichen!“ Stimmt das?
Diesen alten Spruch sollte man auf keinen Fall befolgen. Jede Erhebung oder Baumgruppe in einem flachen Gelände ist bei Gewitter eine Gefahr, weil sie wie ein Blitzableiter wirkt. Bäume stellen dabei eine zusätzliche Gefahrenquelle dar: Wird ein Baum von einem Blitz getroffen, entstehen extrem hohe Temperaturen. Dadurch verdampft das Wasser im Baum explosionsartig, was dazu führt, dass Äste oder Teile des Stammes weggesprengt werden.
Am besten ist, man sucht ein Gebäude auf. Wenn das nicht möglich ist, sollte man sich in einer Mulde hinhocken und warten, bis das Gewitter vorbei ist. Auf keinen Fall sollte man auf einer Ebene aufrecht stehen. Übrigens ist man in einem Auto vollkommen gegen Blitze geschützt, denn es ist ein Faraday’scher Käfig.
Woher weiß man, wo der Blitz im Hochspannungslabor einschlagen wird?
Das lässt sich über die Einrichtungen unseres Hochspannungslabors und Anordnung unserer Testobjekte steuern. Bei vielen Untersuchungen werden die Testobjekte aber direkt an den Hochspannungsgenerator angeschlossen und es kommt zu keinem spektakulären Blitzeinschlag im Labor, sofern die Testobjekte der Spannungsbeanspruchung standhalten.
Was testen Sie im Hochspannungslabor?
Im Haushalt kommen Spannungen von 220 Volt zur Anwendung. Für die Stromverteilung über kurze Strecken, ist das völlig ausreichend. Wenn man aber elektrische Energie über lange Distanzen übertragen will, braucht man deutliche höhere Spannungen. Die Bauteile, die dabei zum Einsatz kommen, müssen für diese Spannungen ausgelegt sein. Im Labor überprüfen wir, ob sie diesen Anforderungen genügen, den Beanspruchungen standhalten und die nötige Betriebssicherheit aufweisen.
Das ist die eine Sache. Hochspannungsleitungen können aber auch selbst von Blitzen getroffen werden. In so einem Fall treten noch deutlich höhere Spannungen, als die 380.000 Volt mit denen das Hochspannungsnetz arbeitet, auf. Die Komponenten müssen also auch solche kurzfristigen Überspannungen bewältigen können. Im Labor versuchen wir aber auch in Experimenten herauszufinden, welche Materialen und Konstruktionsweisen sich für hohe Spannungen besonders gut eignen.
Sie arbeiten mit Spannungen von bis zu 3.25 Millionen Volt. Woher kommt die Energie dafür? Gehen dann in Graz die Lichter aus?
Der Energiegehalt des Blitzes im Labor ist relativ niedrig und deutlich geringer als bei einer atmosphärischen Entladung. Er ist in etwa so hoch, dass man damit eine 40-Watt-Glühbirne eine Stunde lange zum Glühen bringen könnte. Allerdings wird diese Energiemenge bei uns in weniger als einer Millisekunde abgegeben. Das ist aber völlig ausreichend um die Spannungsfestigkeit einzelner Bauteile zu testen. Es besteht also keine Gefahr, dass durch die hohen Spannungen, die wir in unserem Labor erzeugen, in Graz die Lichter ausgehen.
Lassen sich Blitze als Energiequelle nutzen?
Das ist ein alter Menschheitstraum, der aber bis auf weiteres ein solcher bleiben wird. Es ist praktisch unmöglich, zumindest bist jetzt, Energie, die in einer so extrem gebündelten Form auftritt, zu speichern.
Autor: Werner Sturmberger