Krebs schreibt es oft genug negative Schlagzeilen. Lebensmittel, die man nicht essen sollte, Kosmetika, von denen man lieber die Finger lässt oder ein in Kauf genommener Sonnenbrand – karzinogene Risikofaktoren lauern an jeder Ecke. Umso besser, wenn es auch einmal gute Nachrichten aus der Krebsforschung zu berichten gibt: Forscherinnen und Forscher der Medizinischen Universität Graz und der TU Graz gelang es in einer Studie DNA von Tumoren im Plasma nachzuweisen und zu analysieren.
Peter Ulz, der sich am Institut für Humangenetik der Medizinischen Universität Graz ganz der Krebsforschung widmet, ist einer der Erstautoren der durchgeführten Studie. „Wir erhoffen uns damit einen funktionellen Einblick in die Entwicklung eines Tumors im Verlauf einer Krankheit zu bekommen und mehr über die Prozesse im Tumor zu lernen“, meint Ulz im Interview. Doch wie entsteht so ein Tumor eigentlich?
Gesunde Zellen unterliegen im menschlichen Körper einer natürlichen Entwicklung: Sie teilen sich, entwickeln sich, altern und sterben zum richtigen Zeitpunkt. Wird diese Abfolge allerdings gestört, kommt es zu Mutationen – spontane Veränderungen der Gene. Durch diese wird das Zellwachstum gestört, es kommt zu unkontrolliertem Zellwachstum oder der natürliche Zelltod bleibt aus. Treten solche Veränderungen ein, entsteht ein Tumor, der auch als Gewebewucherung bezeichnet wird.
In der DNA
Das genetische Material, um das sich die gesamte Studie dreht, wird in der Medizin zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) genannt. Bereits seit den 1950er Jahren weiß man, dass sich im Plasma DNA-Reste außerhalb der Zellen befinden. Zwanzig Jahre später fanden Forscher heraus, dass Krebspatienten deutlich mehr von dieser losen DNA im Plasma aufweisen als gesunde Menschen. In Graz ging man dieser Fährte nun genauer nach: „In den letzten Jahren ist man dazu übergegangen, diese DNA zu analysieren.
Man kam zu der Feststellung, dass ein Teil bei Krebspatienten direkt aus dem Tumor kommt und man somit über eine Blutabnahme genetische Veränderungen im Genom des Tumors analysieren kann“, erzählt der Grazer Krebsforscher. Ärzten öffnet dies, was moderne Prognosemethoden anbelangt, nun neue Türen: Neben der standardisierten Tumorbiopsie kann die Analyse von zirkulierender Tumor-DNA wichtige Erkenntnisse liefern, die vor allem bei sich dynamisch verändernden Tumoren bis dato gefehlt haben.
Der Hoffnungsträger im Blut
In der heutigen Medizin setzt man nach der Diagnose immer mehr auf personalisierte Therapien, die an die bestimmte Art der Mutation angepasst werden und dadurch effektivere Erfolge verzeichnen sollen. Mit der Wahl zur richtigen Therapieform stehen Ärzte allerdings immer wieder vor neuen Problemen: „Einerseits findet man bei weitem nicht in jedem Tumor eine Mutation, die auch einen Ansatz für eine Therapie erlaubt, andererseits sind viele Therapien nur für einen kurzen Zeitraum wirksam“, erklärt Peter Ulz im Interview. Wenn dieser Fall eintritt, spricht man von einer Resistenz, gegen die selbst die ausgeklügeltste Therapie machtlos wird.
An diese Sackgasse soll in Zukunft die neuentdeckte Methode ansetzen, so Ulz: „Mit der Analyse der zirkulierenden Tumor DNA hofft man frühzeitig zu erkennen, ab wann eine Therapie nicht mehr anspricht, damit man so schnell wie möglich auf eine andere Therapie ausweichen kann.“ Vielleicht gelingt es so, den rund 20.000 Österreicherinnen und Österreichern, die jährlich an Krebs sterben, früher richtig helfen zu können.
Autorin: Michaela Pichler