Liebes Tagebuch,
gestern war der erste richtige Tiefpunkt seit Beginn meiner 5-Tage-Soylent-Kur. Heute wollte ich dem Zauberbrei eine zweite Chance geben. Ich entscheide mich also dazu, beide der zwei verbliebenen Beutel (Banane und Schokolade) zu öffnen und im Laufe des Tages zu variieren und zu mischen. Die dadurch gewonnene Abwechslung war tatsächlich erfrischend – ein kleiner Farbtupfer in einer im Hinblick auf Ernährung eher tristen Woche.
Natürlich beschäftigt sich das Experiment nicht ausschließlich mit mir selbst. Ein Teil meines Projektes ist der Dialog mit den Menschen in meinem alltäglichen Umfeld. Interessanterweise hält der Großteil den Inhalt meines Shakers zuerst für einen stinknormalen Proteinshake, wie ihn Sportler zu sich nehmen. (Das Paradox, dass ich eigentlich kaum Sport treibe und deshalb die Verwendung eines solchen Shakes bereits fragwürdig wäre, zieht jedoch keiner in Betracht).
“Bist du denn komplett wahnsinnig geworden?”
Nach kurzer Aufklärung sind die Reaktionen – wie war es anders zu erwarten – extrem breit gefächert. Von “coole Idee, das würde ich gerne probieren” bis hin zu “Bist du denn komplett wahnsinnig geworden?” war bis jetzt eigentlich schon alles dabei. Probieren wollen trotzdem die meisten, und auch hier scheiden sich die Geister: Viele sind der Meinung, Soylent schmecke (außer den zugesetzten Geschmacksstoffen) nach gar nichts, andere nehmen den Hafergeschmack intensiv wahr und eine äußerst kleine Gruppe befand, dass der Brei “gar nicht so schlecht, wie ich es mir vorgestellt habe” sei. Wenn das kein Kompliment ist!
Die Probleme entstehen im Kopf, nicht im Darm
Jene, die sich nach dem Geschmackstest noch immer für die potentielle Nahrung der Zukunft interessieren, fragen mich anschließend nach meiner Gesundheit und etwaiger metabolischer Dysfunktion. Da ich auch mit Dir, liebes Tagebuch, nicht allzu ausführlich über meine Verdauung sprechen will, mache ich es kurz und bündig: bisher keine merkbare Veränderung. Insofern muss ich Soylent ein Kompliment machen: Mission erfüllt. Die Grundaufgabe, simpel, schnell und effizient dem Körper alles zu bieten, was er braucht, wird einwandfrei erledigt. Die Probleme entstehen viel mehr im Kopf als im Darm – und ich hoffe, dass das auch so bleibt.