Ungefähr 14 Prozent aller schwangeren Frauen erkranken weltweit an Schwangerschaftsdiabetes – ein steigender Wert, der laut dem in diesem Bereich forschenden Biochemiker Gernot Desoye (von der Medizinischen Universität Graz) unterschiedliche Gründe hat: „Unsere Gesellschaft wird immer älter und Frauen bekommen später Kinder. Zudem steigt das Ausmaß an Übergewicht in unserer Bevölkerung – das sind Risikofaktoren für diese Krankheit.“ Auch psychischer Stress und Umweltbelastungen wie Feinstaub und bestimmte Chemikalien können sich negativ auswirken.
Häufiges Problem
Schwangerschaftsdiabetes – auch als Gestationsdiabetes, Gestationsdiabetes mellitus (GDM) oder Typ-4-Diabetes bezeichnet – zählt zu den häufigsten Komplikationen während einer Schwangerschaft. Laut Gernot Desoye ist sie dabei dem Typ-2-Diabetes sehr ähnlich: Der Körper benötigt grundsätzlich das Hormon Insulin, um Zucker als Energiequelle für die Zellen zu nutzen. Bei Menschen mit (Schwangerschafts)-Diabetes ist die Wirkung von Insulin vermindert und/oder die Bauchspeicheldrüse produziert zu wenig bis gar kein Insulin. Die Folge: Der Zucker verbleibt im Blut und somit steigt schließlich der Blutzuckerspiegel. Die Erkrankung trifft besonders oft Frauen, die schon vor ihrer Schwangerschaft Probleme mit dem Zuckerstoffwechsel hatten.
Bessere Prävention
Gernot Desoye und seine Kollegin Mireille van Poppel (von der Universität Graz) befassten sich in einem rezenten, Europa-weiten Forschungsprojekt mit der Prävention von Schwangerschaftsdiabetes. Bisher fokussierten verschiedene Studien auf spätere Stadien der Schwangerschaft (also zwischen Woche 24 und 28), die Krankheit wurde vor allem als Komplikation im letzten Trimester betrachtet. Aktuell zeigt sich aber, dass es wichtig wäre, Schwangere früher zu testen – und zwar bereits vor der 15. Schwangerschaftswoche. In der Studie, die vor allem übergewichtige Frauen umfasste, wurde gezeigt, dass 20 bis 25 Prozent aller Frauen schon zu diesem Zeitpunkt einen erhöhten Blutzuckerspiegel hatten.
Negative Folgen
Die Krankheit, die sich oft ohne Symptome zeigt, verschwindet zwar meist nach der Geburt, kann aber negative gesundheitliche Folgen für Mutter und Kind haben, erklärt Gernot Desoye: „Schwangerschaftsdiabetes geht oft mit Frühgeburten einher. Zudem kommt es vermehrt zu Komplikationen bei einer vaginalen Geburt und schlussendlich leiden die geborenen Kinder tendenziell unter einem erhöhten Körperfettanteil mit verstärktem Risiko, später selbst auch übergewichtig zu werden. Die Mütter wiederum haben ein erhöhtes Risiko, nach der Geburt Typ-2-Diabetes zu entwickeln.“
Frühere Tests
Aktuell wird in Österreich bei Schwangeren zwischen der 24. und der 28. Schwangerschaftswoche ein Test zur Bestimmung des Blutzuckers durchgeführt. Noch gibt es keine medizinischen Empfehlungen, den Test auf Schwangerschaftsdiabetes früher durchzuführen. Laut Gernot Desoye wird dies jedoch durch zwei aktuelle Studien nahegelegt. „In diesen Studien konnte gezeigt werden, dass Frauen mit erhöhtem Risiko, die bereits in der 15. Schwangerschaftswoche die Diagnose Schwangerschaftsdiabetes erhalten haben und dafür direkt behandelt wurden, Kinder mit reduzierten Körperfettanteil gebären (im Vergleich zu den erkrankten Frauen, die keinen frühzeitige Behandlung erhielten).“
Empfehlungen für Erkrankte
Mireille van Poppel weiß, was Frauen, die an Schwangerschaftsdiabetes erkranken, während und nach ihrer Schwangerschaft tun sollten: „In Leitfäden wird betroffenen Frauen geraten, sich gesund zu ernähren und sich (mehr) zu bewegen. Wenn diese Änderungen in Lebensstil nicht ausreichend helfen, um die Glukose zu normalisieren, wird auf Insulintherapie umgestiegen. Zudem gibt es auch die Möglichkeit, orale Antidiabetika wie Metformin zu verschreiben.“ Betroffene sollen sich nach der Schwangerschaft jährlich auf Diabetes testen lassen. Auch für die Prävention hat die Expertin einige Tipps: „Präventiv kann viel getan werden: Gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung helfen sehr. Es muss auch nicht immer Sport sein, aber 150 Minuten moderate Bewegung – wie etwa schnelleres Gehen – pro Woche sind schon wirksam. Weniger zu sitzen, und zum Beispiel während des Fernsehens immer wieder mal aufzustehen, ist ebenso gesund. Zu guter Letzt sollte Schwangere versuchen, ihr Gewicht zu reduzieren bzw. während der Schwangerschaft nicht zu viel zuzunehmen, um Schwangerschaftsdiabetes vorzubeugen.“