Sie sind in vielen Elektrogeräten, Magneten oder Leuchtstoffen zu finden, werden als Katalysatoren eingesetzt und sie sind ein wesentlicher Bestandteil erneuerbarer Energie-Technologien: „Seltene Erden sind aus der heutigen, elektrifizierten Welt nicht mehr wegzudenken“, erklären Anna Sieber und Lalropuia Lalropuia vom Institut für Umweltbiotechnologie der Universität für Bodenkultur (BOKU). „Unter seltenen Erden versteht man 17 chemisch sehr ähnliche Elemente, die die 15 Lanthanoide plus Scandium und Yttrium im Periodensystem umfassen.“ Dazu zählen etwa Cer, Neodym oder Gadolinium.
Der Begriff seltene Erden mag in die Irre führen, denn diese Elemente sind gar nicht selten auffindbar, sie können jedoch nur in sehr kleinen Mengen abgebaut werden. „Wirtschaftlich rentable Lagerstätten sind deswegen Mangelware, das führt unter anderem dazu, dass die weltweite Minenproduktion von China dominiert wird.“ Anna Sieber weiß auch, warum diese Lagerstätten als problematisch gelten: „Lagerstätten werden erst ab einer gewissen Konzentration der seltenen Erden rentabel. Da diese meist nur in geringen Konzentrationen im Erdreich vorliegen, ist das oft nicht der Fall. Zusätzlich birgt der Abbau gewisse Risiken. Zum Beispiel können radioaktive Rückstände entstehen, da neben den seltenen Erden auch Elemente wie Uran oder Thorium vorkommen können. Bei der Gewinnung von seltenen Erden wird auch viel Wasser und Strom benötigt, was eine zusätzliche Umweltbelastung darstellt.“
Daher braucht es neue – und bestenfalls nachhaltige – Möglichkeiten, um seltene Erden zu recyceln.
Bisher schwieriges Recyceling
Es gibt einige Gründe, warum das Recycling seltener Erden schwierig ist: Seltene Erden haben ähnliche chemische Eigenschaften und sind somit schwer zu trennen bzw. zu recyceln. Zudem enthalten viele Produkte, in denen seltene Erden enthalten sind, nur einen sehr geringen Anteil dieser. Und zu guter Letzt sind die Verfahren, die bisher für das Recycling seltener Erden eingesetzt wurden, energie- und kostenintensiv, teilweise entstehen dabei auch toxische Abfälle. Die beiden Forscher*innen haben sich nun mit Kolleg*innen der IMC University of Applied Sciences Krems zusammengeschlossen, um neue nachhaltige Verfahren für das Recycling seltener Erden zu entwickeln.
Natur als Vorbild
Dabei ließen sie sich von der Natur inspirieren: „Das Schöne an der Natur ist, dass sie Lösungsansätze für viele unserer heutigen Probleme liefert. So zum Beispiel auch Bakterien, die in der Lage sind, Metalle aus Feststoffen herauszulösen“, erklären Anna Sieber und Lalropuia Lalropuia den Grundgedanken. Diese Bakterien produzieren Stoffwechselprodukte und katalysieren verschiedene Reaktionen, wodurch bestimmte Metalle und seltene Erden aus den Elektroprodukten in wässrige Lösungen überführt werden – das bezeichnet man als Biolaugung. Sind die seltenen Erden in der wässrigen Lösung, gibt es verschiedene biologische Methoden für deren Rückgewinnung: „Bei der Bioakkumulation werden die seltenen Erden von den Mikroorganismen aufgenommen und häufen sich in der Zelle der Bakterien an. Eine andere Möglichkeit zur Rückgewinnung ist die Biosorption, wobei sich die Metalle hier an der Zelloberfläche anheften und von dort wieder heruntergelöst werden können.“ Das Ergebnis aus dem Labor überzeugt, hier konnten bis zu 85 % der seltenen Erden mithilfe der Bioakkumulation recycelt werden.
Vorteile von Biolaugung und Co
Grundsätzlich stellt die Methode der Biolaugung eine „vielversprechende und auch kostengünstige Lösung“ dar, um seltene Erden zu recyceln, so Anna Sieber und Lalropuia Lalropuia, dennoch gibt es einiges zu beachten: „Die Bakterien müssen an das zu laugende Material und die hohen Metallkonzentrationen angepasst werden. Dafür werden sie in jedem Schritt höheren Metallkonzentrationen ausgesetzt, bis sie sich daran ‚gewöhnt‘ haben. Zudem spielen der pH-Wert und die Temperatur eine wichtige Rolle bei der biologischen Laugung.“
Die Biolaugung und nachfolgende Rückgewinnungsmethoden – wie Bioakkumulation und Biosorption – sind aus mehreren Gründen nachhaltig: Sie benötigen weniger Energie als andere Verfahren, da keine hohen Temperaturen nötig sind. Zudem sind die Bakterien, die für die Biolaugung eingesetzt werden, teilweise in der Lage, Kohlenstoffdioxid (CO₂) aus der Luft als Kohlenstoffquelle aufzunehmen und für die Biosorption kann zum Beispiel verbrauchte Bierhefe, ein Abfallprodukt, eingesetzt werden.