Zwischen einer langen To-do-Liste und einem Berg von E-Mails noch schnell ein virtuelles Meeting erledigen – viele Menschen kennen das und wissen: Solche Online-Meetings können ganz schön anstrengend sein. Das führt dazu, dass sich fast jede*r Dritte in virtuellen Meetings passiver verhält als in persönlichen Meetings. Irene Kernthaler-Moser ist Meeting-Expertin und führte – gemeinsam mit Michaela Schaffhauser-Linzatti – eine Studie dazu durch, wie man Online-Meetings besser gestalten kann. Sie betont: „Es kostet mehr Anstrengung, sich im virtuellen Raum einzubringen.“
Die Technik schränkt unsere Wahrnehmung ein: Wir hören zwar fast gleich gut, sehen die anderen Meeting-Teilnehmer*innen aber nur in einem kleinen Ausschnitt. 34 % der Befragten empfinden virtuelle Meetings daher als anstrengender als physische Meetings und 38 % stimmen der Aussage zu, dass sie bei physischen Meetings leichter zu Wort kommen. „Wenn man das Know-how und das Engagement dieses Drittels nicht verlieren möchte, dann muss man dieses Drittel im virtuellen Raum aktiver ansprechen“, weiß Irene Kernthaler-Moser.
Virtuelle Ablenkungen
Viele Menschen kennen es aus eigener Erfahrung: Bei Online-Meetings ist man schneller abgelenkt und erledigt eventuell andere Aufgaben nebenbei (oder man bemerkt dies bei den Kolleg*innen). „Ablenkungen sind tatsächlich ein großes Thema. Menschen lenken sich meistens mit Arbeit ab“, weiß auch Irene Kernthaler-Moser zu berichten. 65 % der Befragten gaben an, nebenbei zu arbeiten, zugleich stört es 55 %, wenn andere dies tun. „Die Aufgabe der Meetingleitung ist es, das Thema Ablenkungen anzusprechen und verhandelbar zu machen. Letzten Endes liegt es in der Verantwortung jedes Einzelnen. Denn wir lenken uns alle selber ab, es ist unser Gefühl, dass nicht genug im Meeting passiert und wir anderweitig produktiver wären.“
Produktivere virtuelle Meetings
Irene Kernthaler-Moser weiß, was es braucht, um produktive Online-Meetings durchzuführen: Zuallererst sollten nur die Personen an einem virtuellen Meeting teilnehmen, für die die behandelten Themen relevant sind. Dafür braucht es eine Agenda. Weiters sind Pausen sehr wichtig. Zu Beginn des Meetings sind Check-In-Runden sinnvoll, in denen jede*r einmal kurz zu Wort kommt, grundsätzlich sollte die Meeting-Leitung Menschen zur aktiven Teilnahme am Meeting ermuntern. Für Diskussionen eignen sich wiederum Breakout-Räume, das sind zusätzliche Online-Räume, die in einem Meeting erstellt werden – hier kann in kleineren Gruppen besser diskutiert werden. Zu guter Letzt sollten alle Personen die Kamera aufgedreht haben – das ist ein Zeichen für Beteiligung.
Online-Meetings eignen sich nicht für alle Themen und Vorhaben gleich gut. Dazu sagt die Expertin: „Die Daten zeigen deutlich, dass Informationsaustausch virtuell gut möglich ist, aber Ideenfindung und Diskussion dauern länger und sind im Ergebnis qualitativ schlechter.“
Meeting-Leiter*innen müssen vorab klären, ob ein virtuelles Meeting zu ihren Inhalten passt oder nicht. Virtuelle Meetings sind meist straffer und effizienter, Zeit für informelle Gespräche gibt es aber weniger. Genau das fehlt 69 % der Befragten.
Nie wieder unnötige Meetings
Generell haben Meetings für Irene Kernthaler-Moser klare Vorteile: „Meetings sind unschlagbar, wenn es darum geht, im Gespräch miteinander einen gemeinsamen Blick auf eine Sache zu bekommen, Vertrauen aufzubauen, auf neue Ideen zu kommen, Projekte voranzutreiben und in Diskussionen Entscheidungen zu treffen.“ Asynchrone Möglichkeiten der Kommunikation – wie E-Mails oder Chats – sind hilfreich, um Details festzuhalten, Pausen zu ermöglichen und genau dann an Projekten zu arbeiten, wenn man Zeit dafür hat.
Sie hält abschließend fest: „Meetings werden dann als hilfreich empfunden, wenn für alle klar ist, was zu tun ist und ausreichend Raum für Kontakt ist. Wenn sich alle in einem Meeting langweilen, dann ist es höchste Zeit, es ersatzlos zu streichen.“