Gutes Leben für alle – der Titel klingt kindlich naiv, ist aber hochpolitisch. Denn bei Versprechungen soll es nicht bleiben. Insgesamt siebzehn hochkarätige Expertinnen und Experten wollen in elf Workshops der Verwirklichung dieser Utopie ein Stückchen näher kommen. Politisiert soll sie werden, die Frage nach dem guten Leben für alle. Am Ende soll es aber nicht dabei bleiben, gelungene Beispiele aufzuzeigen. Die WU will nämlich auch „transdisziplinäre Wissensallianzen“ hervorbringen. Wissenschaftliche Vernetzung als Keimzelle für eine neue Kultur des guten Lebens – Made in Vienna.
Die Themen des Kongresses haben es in sich. Sie muten an wie ein Best-Of der globalen Herausforderungen unserer Zeit: Ernährung, Energie, Stadtentwicklung, Arbeit, Finanzwesen, Demokratie und Ökonomie. Fast alle Workshops orientieren sich dabei an Begriffen wie Solidarität oder Gerechtigkeit. Egal ob es um „ökologisch und sozial gerechte Mobilität“ geht, um „Solidarische Ökonomie“ oder die „Gute Arbeit für alle“ – Routinen, Alltag und festgefahrene Strukturen sollen aufgebrochen und kreativ neu gedacht werden. Immer so, dass möglichst alle, möglichst nachhaltig davon profitieren. Nichts weniger als eine neue Form des Öffentlichen soll angestrebt werden. Eine Form des Austausches, die eine neue Balance zwischen dem Staat und seinen Bürgern ermöglichen soll. Die vielen innovativen Vordenker, die schon jetzt der Wirklichkeit trotzen, in lokaler Landwirtschaft Produkte fair herstellen und verteilen oder das Bankenwesen neu konzipieren, sollen als Wegweiser der Veränderung dienen. Ein Kongress wie ein gesellschaftlicher Wunschzettel. Mit Vortragenden mit dem Willen zur Vision.
„Mit kosmetischen Maßnahmen wird es nicht getan sein.“ – Marlene Streeruwitz
Eine, die ihre kritische Sichtweise in die Debatte einbringen wird, ist die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz. Sie wird am Freitagabend ab 18.30 Uhr am Podium sitzen. Schrödingers Katze ließ sie wissen, dass sich die vielen Fragen des Kongresses nicht nach Wichtigkeit reihen ließen. So etwas wie die drei dringendsten Problemzonen gäbe es nicht. „Diese Frage reduziert die politische Phantasie vom guten Leben für alle auf eine Schlankheitskur. Mit kosmetischen Maßnahmen wird es nicht getan sein.“ Bloß „irgendwie und ohne Veränderungen“ wie es die Politik derzeit versuche, werde es einfach nicht gehen, meint Streeruwitz. Künftig könnte nämlich die Entscheidung über ein gelungenes Leben entmenschlicht und maschinell getroffen werden. Ohne emotionale Intelligenz, dafür anhand raffinierter Algorithmen. „Roboter“, so Streeruwitz, werden jene Gesellschaftsgruppe sein, die morgen über diese Frage entscheiden wird. Was man tun kann, wenn die Strukturen des schönen Lebens der Wenigen die Entfaltungsmöglichkeiten der Vielen einschränken? Die Antwort der Schriftstellerin ist kurz und eindeutig: „Revoltieren.“
Ab Freitag wird die Wirtschaftsuniversität Wien also zum Spielplatz der Visionen und Ideen. Dabei geht der Blick nicht nur nach außen – es wird auch vor der eigenen Tür gekehrt. Ein Workshop widmet sich nämlich der künftigen Rolle der Hochschulen. Auch sie sollen verstärkt zum Motor einer nachhaltigen Entwicklung werden, sich enger mit der Gesellschaft verschränken. Marlene Streeruwitz weiß schon, wie sie einer Uni-Rektorin oder einem Uni-Rektor ihre Vision einer konstruktiven Universität vermitteln würde. „Alles neu und anders“, so der knappe Rat der Schriftstellerin. Wie viel Neues und Anderes der Kongress tatsächlich hervorbringen wird, gibt es in der Zusammenfassung am Samstag, 21.02 ab 18.00 Uhr zu sehen.
Die Livestreams des Kongresses sind von Freitag, 20.02.2015, 17.00 bis Samstag, 21.00 Uhr hier zu sehen.